Call for Papers: Biomacht, Biopolitik, Biomedien
Medienimpulse 2/2012, Gastherausgeber Andreas Oberprantacher und Wolfgang Sützl
Der Begriff Biomacht geht auf Michel Foucault zurück. Er verstand darunter eine mit der Geburt der modernen Gesellschaft verbundene umfassende Neuformulierung der Machtverhältnisse im Sinne einer zweifachen Serie, die sich sukzessive etabliert: die Serie „Körper – Organismus – Disziplin – Institutionen“ und die Serie „Bevölkerung – biologische Prozesse – Regulierungsmechanismen – Staat.“ Die Biopolitik, die sich am Ende des 18. Jahrhunderts abzuzeichnen beginnt, interessiert sich insbesondere für die strategische Regulierung des Lebens der Bevölkerung. Kennzeichen der modernen Regierungsform ist, dass das Leben der Vielen nicht mehr einfach vernutzt und verschleißt wird (etwa durch Arbeit oder Krieg), sondern dass die Lebenskräfte produktiv gesteigert werden.
In den aktuellen, in den Massenmedien ausgetragenen Kontroversen über die Lebenswissenschaften (life sciences) ist indessen die Kritik der Biotechnologie selten politischer Art, sondern meist ethisch: Debatten über Sterbehilfe, Stammzellenforschung oder gentechnisch veränderte Organismen werden meist auf die Frage reduziert, was getan werden sollte. Zu den wichtigen Vorfragen, die dabei ausgeklammert werden, gehört auch die des Mediums.
Diese Ausgabe der MEDIENIMPULSE will daher den Themenkomplex Biomacht und Biopolitik aus medialer Sicht beleuchten: Zum einen sind mit der Biotechnologie eine Vielfalt von Medien entstanden, die mit Eugene Thacker (2004) als „Biomedien“ bezeichnet werden können und die eine Austauschbarkeit von Codes zwischen biologischen und technischen Systemen ermöglichen sollen. In der Bio-Informatik und der computergestützten Biologie erfolgt eine technische Konditionierung der Biologie, oder biologische Funktionen werden umgekehrt zu rechnerischen Zwecken eingesetzt (Biocomputing). Zum anderen werden biopolitische Kontroversen weitgehend über die Massenmedien ausgetragen, welche etwa nach Marshall McLuhan Inhalt und Gestalt der Debatten mitbestimmen.
In diesem Sinne laden die Herausgeber zur Einreichung von Beiträgen ein, die sich kritisch, empirisch oder künstlerisch mit der medialen Dimension der Lebenswissenschaften im Spannungsfeld von Biomacht und Biopolitik befassen.
URL: http://www.medienimpulse.at/calls
Redaktionsschluss: 31.05.2012
Erscheinungsdatum: 21.06.2012
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